Kurviertel (Wiesbaden)


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Während Kaiser Wilhelm I. noch im Kaiserbad Bad Ems an der Lahn kurte und hier mit Bismarcks tätiger Mithilfe den Deutsch-Französischen Krieg auslöste, entließ sein Enkel Kaiser Wilhelm II. nicht nur Bismarck, sondern wählte auch einen anderen Ort, um seine Sommerfrische zu genießen. Er fuhr nach Wiesbaden. In Folge dieses prominenten Gastes entwickelte sich die ehemalige Residenz des Hauses Nassau zur Weltkurstadt. Damit einher ging eine rege Bautätigkeit, deren Zentrum das 1905-07 erbaute Kurhaus ist.

Das Wiesbadener Kurhaus im Neorenaissance-Stil bekam dann auch prompt von Kaiser Wilhelm II. die Auszeichnung schönstes Kurhaus der Welt verpasst. Im linken Flügel liegt der Festsaal, der Platz für 1.350 Gäste bietet und für festliche Veranstaltungen genutzt wird. Der Nordflügel ist seit 1955 Standort für die Spielbank Wiesbaden, die jährlich rund 200.000 Spieler in ihren Hallen begrüßen kann. Zahlreiche kleinere Nebensälen stehen darüber hinaus zur Verfügung.

Vor dem Kurhaus Wiesbaden strecken sich linkerhand die Kurhauskolonnaden, mit 129m die längste Säulenhalle Europas. Sie wurden 1826-27 noch für das alte Kurhaus angelegt und dienten dem regensicheren Marsch der Kurgäste zum Kurhaus und auch dem örtlichen Einzelhandel, der hier in Geschäften seine Waren anbieten konnte. Heute ist in den Wiesbadener Kurhauskolonnaden das Automatenspiel der Spielbank Wiesbaden untergebracht.

Gegenüber liegen die Theaterkolonnaden, in deren Mitte heute der Haupteingang zum Hessischen Staatstheater liegt. Den Theaterbau förderte Kaiser Wilhelm II. nicht nur ideell. 1892-94 wurde das Theater als Neues königliches Hoftheater im neo-barocken Stil errichtet und vom Kaiser persönlich eingeweiht – der in das Staatstheater übrigens per Kutsche einfuhr und durch einen eigenen Ankleideraum zum Saal geleitet wurde.

Prunkvolles Ausstattungsdetail aus der Bauzeit des Hessischen Staatstheaters ist der 900kg schwere Kronleuchter aus vergoldetem Messing. Der Spielbetrieb erfolgt auf vier Bühnen. Höhepunkt der Spielsaison sind die Internationalen Maifestspiele, die 1896 als Kaiserspiele begründet wurden und nach Bayreuth das zweitälteste Festspiel Deutschlands ist.

Zwischen Kurhauskolonnaden und dem Hessischen Staatstheater mit dem Kurhaus an der Stirnseite liegt das Bowling Green, eine langgestreckte Rasenfläche mit zwei Wasserbecken und kleinen Springbrunnen, die seit 2006 wieder so angelegt ist, wie seinerzeit bei der Vollendung des Kurhauses 1907. Das Bowling Green ist heute eine beliebte Veranstaltungsfläche, auf der u.a. schon Sting, Eric Clapton und Elton John gastierten und zu Silvester sich halb Wiesbaden zur großen Jahreswechselfete trifft.

Hinter dem Kurhaus beginnt der Kurpark Wiesbaden. Der Kurpark wurde 1852 als englischer Landschaftsgarten angelegt. Der Kurpark bietet neben einem Teich mit Wasserfontäne und schönem altem Baumbestand am so genannten Nizzaplätzchen auch Geschichte: Hier stehen noch einige Säulen des alten Kurhauses und ein Denkmal erinnert an den großen Schriftsteller Dostojewski, der häufiger in der Spielbank Wiesbaden weilte und aus diesen Erlebnissen seinen Roman „Der Spieler“ befütterte.

Hinter dem Staatstheater liegt ein weiter Landschaftspark, der Warme Damm. Seinen Namen verdankt der 1860-61 bepflanze Park seinem Standort: Zuvor war hier ein Weiher, in dem die Abflüsse der Wiesbadener Thermalquellen zusammen liefen. Sehenswert sind neben dem Schiller-Dankmal (1905) und dem Teich mit Fontäne (1988) vor allem die für die Region seltenen Bäume wie Pagodenbaum, Tulpenbaum, Ginkgo, Sternmagnolie und Zaubernuss. Im Sommer ist der Warme Damm beliebte „chill out zone“ für die Jungen und Junggebliebenen.

Der Warme Damm erstreckt sich entlang der Wilhelmstraße, dem Prachtboulevard von Wiesbaden. Die andere Parkseite wird von der Paulinenstraße gesäumt. Hier steht das Weiße Haus von Wiesbaden, die sogenannte Villa Söhnlein-Pabst. Sie wurde 1903-06 für den Wiesbadener Sektfabrikanten Söhnlein gebaut, dessen Frau Emma Pabst aus den USA stammte. Um ihr ein Gefühl von Heimat zu vermitteln, wurde das Weiße Haus in Washington als Vorbild für die Villa herangezogen.

Am südlichen Ende des Warmen Damms steht ein weiterer Prachtbau, die Villa Clementine. Das 1872-82 im Stile des Historismus erbaute Wohnhaus diente 1978 als Kulisse für die elfteilige TV-Serie Buddenbrooks. Seit 2001 wird die Villa Clementine als Literaturhaus betrieben und ist auch Sitz des Wiesbadener Presseclubs.

Direkt hinter der Villa Clementine liegt die extra für englische Kurgäste erbaute Englische Kirche, die offiziell auf diesen Namen hört: Church of St. Augustine of Canterbury, Wiesbaden. Der Backsteinbau wurde 1863 gebaut.


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