Zwiebelschalenprinzip beim Wandern


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Wer draußen unterwegs ist, kennt das Dilemma: Im Tal ist es mild, am Grat pfeift der Wind, im Aufstieg wird’s heiß, in der Pause kühl. Die Antwort darauf lautet Zwiebelschalenprinzip. Statt einer dicken Lage trägst du mehrere aufeinander abgestimmte Schichten, die du je nach Aktivität und Wetter schnell an- oder ausziehst. So steuerst du dein persönliches Mikroklima, vermeidest Hitzestau und beugst Auskühlung vor. Entscheidend ist nicht nur die Anzahl der Lagen, sondern wie sie zusammenarbeiten: Feuchtigkeit muss von innen nach außen entweichen können, während Wind und Niederschlag zuverlässig draußen bleiben.

Die drei Funktionsschichten – und was sie leisten

1) Baselayer: Das Klima direkt auf der Haut

Die erste Lage liegt hautnah an und hat eine Aufgabe: Schweiß zügig von der Haut wegtransportieren. Atmungsaktive Funktionsmaterialien – je nach Vorliebe feine Merinowolle oder moderne Kunstfasern – bewähren sich hier. Wichtig ist ein körpernaher Sitz, damit die Feuchtigkeit nicht „stehen bleibt“. Baumwolle fühlt sich zwar gemütlich an, saugt sich aber voll und kühlt dich in Pausen aus. Zum Baselayer gehören auch Funktionsunterwäsche und Socken; sie sind oft die unsichtbaren Held:innen gegen Blasen, Scheuerstellen und klamme Kälte.

2) Midlayer: Regulierte Wärme

Die mittlere Schicht speichert Wärme und führt zugleich Feuchtigkeit weiter. Leichte Fleece- oder Grid-Fleece-Pullover sind Allrounder für bewegungsintensive Touren; bei moderatem Tempo oder Kälte helfen zusätzliche Midlayer oder dünne Synthetikisolationsjacken. Mehrere dünne Lagen sind meist besser steuerbar als eine einzelne dicke. Achte darauf, dass die Midlayer nicht winddicht sind – sonst stockt der Dampfdurchgang, und du schwitzt schneller durch.

3) Außenschicht (Shell): Schutz vor Wind und Nässe

Ganz außen sitzt der Wetterschutz. Bei trockenen, windigen Bedingungen sind elastische Softshells wegen ihrer hohen Atmungsaktivität oft die angenehmste Wahl. Bei Regen oder Schneeschauern brauchst du eine wasserdichte Hardshell mit Membran. Moderne Shells kombinieren Wetterschutz mit brauchbarer Atmungsaktivität – vorausgesetzt, es besteht ein Temperatur- oder Druckgefälle zwischen innen und außen. Das erklärt, warum Membranen im warm-feuchten Sommerklima weniger „atmen“ als im Winter. Für Touren, bei denen mit Schauern zu rechnen ist, lohnt sich ein Blick auf gut sitzende Wanderjacken. Sie sollten Kapuze, verstellbare Abschlüsse und Packmaß in einem stimmigen Verhältnis bieten. Wenn du beim Kauf unsicher bist, hilft dieser Ratgeber für Funktionsjacken bei Begriffen, Materialien und Abkürzungen.

Wie viele Lagen brauchst du wirklich?

Das hängt ab von Temperatur, Wind, Niederschlag, Gehgeschwindigkeit und deinem individuellen Kälteempfinden. Grundregeln helfen bei der Einordnung:

Praxis: Schichten für typische Szenarien

Frische Frühlingstour, wechselhaft:

Baselayer langarm, leichter Fleece, Softshell. Regenschauer im Blick? Hardshell griffbereit im Deckelfach. In sonnigen Passagen wandert der Fleece in den Rucksack, oben am Grat kommt er wieder raus.

Heißer Sommeraufstieg mit Gewitterrisiko:

Leichtes Kurzarm-Funktionsshirt als Solo-Teil, dünner Midlayer für Pausen, ultraleichte Hardshell nur als Regen- und Windversicherung. Fokus auf Belüftung (Reißverschlüsse, lockerer Kragen), Mütze gegen UV.

Kalter Herbststurm:

Wärmender Baselayer, aktiver Midlayer (z. B. Grid-Fleece), winddichte Softshell im Aufstieg. Oben Hardshell drüber, eventuell eine dünne Synthetikjacke in der Pause. Handschuhe und Mütze sind Pflicht.

Winterwanderung bei Frost:

Langer, dickerer Baselayer, kombiniere zwei Midlayer (z. B. Fleece + dünne Synthetikisolation) und trage eine Hardshell als Außenhaut. Bei Bewegung reduzierst du auf Fleece + Shell, in der Pause kommt die Isolationsjacke dazu.

Materialkunde in Kürze

Kopf, Hände, Füße: Das Prinzip gilt überall

Layering endet nicht am Kragen. Eine leichte Mütze unter der Kapuze bringt viel Wärme bei geringem Gewicht. Dünne Linerhandschuhe unter Fäustlingen erlauben Feintuning für die Finger. Funktionssocken leiten Schweiß ab und mindern Reibung – zusammen mit passenden Schuhen das A und O gegen Blasen. Auch am Hals wirken Schlauchschals Wunder: im Aufstieg dünn, im Zugwind doppelt gelegt.

Typische Fehler – und wie du sie vermeidest

Start, Pause, Abstieg: Schichtwechsel im Ablauf

Mit einem durchdachten Zwiebelsystem reagierst du gelassen auf Wetterlaunen und Aktivitätsspitzen. Du bleibst handlungsfähig, triffst bessere Entscheidungen und hast länger Freude an der Tour – egal, ob du eine schnelle Abendrunde drehst oder eine hügelige Mehrtagestour planst.

Bildnachweis: Von Jasper van der Meij [Lizenz] via Unsplash


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Dieser Artikel ist im Ressort Wanderratgeber erschienen.
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