Grafschaft (Schmallenberg)


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Ora et labora lautet der Wahlspruch der Benediktinermönche, bete und arbeite, und genau das taten die fleißigen Ordensleute, als der Kölner Erzbischof Anno im Jahr 1072 Kloster Grafschaft gründete. In der Folge sollte der Ort zum kulturellen Zentrum des Sauerlands und zur Keimzelle der Stadt Schmallenberg werden. Seine Blüte erlebte Kloster Grafschaft im Verlauf des 12. Jahrhunderts. Später müssen Zucht und Ordnung wohl gelitten haben, die Zahl der Brüder ging bis auf sieben zurück. So ist zu erklären, dass die Abtei 1508 der Bursfelder Kongregation angeschlossen wurde, einer Bewegung, die die strenge Ordensregel Benedikts und intensives wissenschaftliches Studium betonte.

Einen erneuten Aufschwung, zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht, nahm das Kloster im 17. und 18. Jahrhundert. Die Eisenindustrie im Sauerland begann sich zu entfalten, und das Kloster unterstützte diese Bewegung auf seinen Ländereien. 1729 wurden die Gebäudeteile neu erbaut, die heute noch zu sehen sind. Vor allem das prachtvolle Torhaus fällt ins Auge, das hinter den Mauern eher ein Schloss als ein Kloster vermuten lässt.

Auch eine neue Klosterkirche entstand, wie die übrigen Gebäude überwiegend in barockem Stil erbaut. Sie wurde 1747 dem heiligen Alexander geweiht und galt als die schönste Kirche im kurkölnischen Sauerland. Vor allem die Innenausstattung war exquisit, vom Grafschafter Barock ist da die Rede.

Wer diese Teile der Innenausstattung heute besichtigen möchte, der muss allerdings so manchen Weg in Kauf nehmen. 1804 war das Kloster säkularisiert worden, man hatte wohl keine Verwendung mehr für eine Klosterkirche. Den Altar kann man heute in Fröndenberg sehen, Kanzel und Beichtstühle in Arnsberg. Weitere Teile der Innenausstattung verschlug es nach Winterberg, Belecke und Wissen, und so manches Stück ging auch auf unbekannten Wegen verloren.

1832 wurde die Klosterkirche abgerissen, nur der Turm blieb erhalten. An ihrer Stelle entstand 1962 der heutige Nordflügel der Anlage. Es sollte bis nach dem Zweiten Weltkrieg dauern, bis das ehemalige Kloster auch wieder als solches genutzt wurde. Heute befindet sich darin das Mutterhaus der Borromäerinnen. Die aus Schlesien vertriebenen Ordensschwestern bauten das Kloster unter erheblichem Einsatz an Zeit und Arbeitskraft seit 1948 wieder auf. Die Gebäude müssen damals in erbarmungswürdigem Zustand gewesen sein.

Die Schwestern sind es auch, die die Erinnerung an die Zeit des Benediktinerklosters erhalten. Im Klostermuseum sammeln sie liturgische Geräte, Schriften und Reliquien. Ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass so manches Stück aus der alten Klosterkirche den Weg zurück nach Grafschaft gefunden hat.

Ebenfalls seinen Sitz in Kloster Grafschaft hat das Fachkrankenhaus, das seit jeher seinen Schwerpunkt im Bereich der Lungenkrankheiten hatte. Dieser Schwerpunkt kommt nicht von ungefähr: 1950 hatte man hier ein Erholungsheim für Bergarbeiter aus dem Ruhrgebiet gegründet, die an Silikose erkrankt waren; einer Lungenkrankheit, die auf das Einatmen von quarzhaltigem Staub zurückzuführen ist. Aus diesem Erholungsheim entwickelte sich das heutige Fachkrankenhaus für Atemwegserkrankungen und Allergologie.

Nördlich von Grafschaft erhebt sich der Wilzenberg (658m), ein markanter Gipfel, den schon früh Menschen für sich nutzten. Eine erste Wallanlage auf dem Wilzenberg entstand um 200 v.Chr. durch die Menschen der Eisenzeit. Die Franken in der Karolingerzeit übernahmen die Anlage und errichteten einen inneren Ring innerhalb der ersten Wallburg. Von hier oben aus konnte man das Land weithin überschauen und das Anrücken feindlich gesinnter Truppen frühzeitig bemerken. Vermutlich diente die Anlage im Mittelalter als Fliehburg.

Für das 16. Jahrhundert ist auch erstmals eine Kapelle auf dem Wilzenberg nachgewiesen, damals erbaut durch die nahe Abtei Grafschaft. Seit dem 17. Jahrhundert diente sie als Ziel vieler Prozessionen. Anfang des 17. Jahrhunderts entstand eine zweite Kapelle, die Mitte des 18. Jahrhunderts zur heutigen Kapelle ausgebaut wurde. Allein schon die barocke Innenausstattung ist den Besuch wert. Ebenso aber auch die Kreuzigungsgruppe im Wald und der kleine Quellteich nahe der Kapelle. Bis heute finden Prozessionen von der Straße zwischen Grafschaft und Schmallenberg über den Kreuzweg den Berg hinauf zur Kapelle statt.

Wenn man schon einmal den Aufstieg hinauf auf den Wilzenberg geschafft hat, sollte man sich unbedingt noch den Rundblick vom Kaiser-Wilhelm-Turm gönnen. Die 9,5m hohe Stahlkonstruktion wurde 1889-95 erbaut und 1964 gründlich renoviert. Er ermöglicht vom inselartig im Lennetal gelegenen Wilzenberg aus einen fantastischen Rundblick über das Hochsauerland und hinein ins Lennebergland.

Wem all das zu groß ist, für den gibt es an dieser Stelle noch einen kleinen Geheimtipp. Klein ist dabei wörtlich zu nehmen: Über 400m Gleise der Spurweite H0 haben Modellbahnfreunde im Gebäude einer alten Stickerei in Grafschaft schon verlegt. Dutzende Züge verkehren hier bereits regelmäßig. Seit 2008 gibt es die Modellbahn am Rothaarsteig, und sie ist weiterhin im Aufbau.


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